News
Trotz massiver wirtschaftlicher Auswirkungen durch den Krieg in der Ukraine und die Corona-Pandemie rechnet DEKRA im laufenden Geschäftsjahr mit einem Wachstum von rund fünf Prozent. Die Zahl der Beschäftigten soll weiter um mehr als 1.000 steigen (2021: 47.770, 2020: 43.990). Im zweiten Jahr der Pandemie hat die Expertenorganisation Widerstandsfähigkeit bewiesen: Der Umsatz ist 2021 um 10,9 Prozent auf mehr als 3,5 Mrd. Euro gewachsen. Das Betriebsergebnis (bereinigtes EBIT) liegt mit 226,0 Mio. Euro auf dem Vor-Corona-Niveau 2019. Der Jahresüberschuss klettert 2021 um rund 50 Prozent bzw. 47,6 Mio. Euro auf 141,5 Mio. Euro (Vorjahr: 93,9 Mio. Euro) – und liegt zugleich mehr als 20 Mio. Euro über dem starken Jahr 2019. Die Gründe für die positive Entwicklung in einem volatilen Umfeld sieht der neue Vorstandsvorsitzende Stan Zurkiewicz in der starken Marktposition, der Kundenzentrierung, dem Engagement der Beschäftigten und in der zunehmenden Digitalisierung von DEKRA. „Wir haben das Ohr am Puls unserer Kunden und konzentrieren uns auf fünf wachstumsstarke Fokusbereiche, in denen wir die digitalen Services der Zukunft entwickeln“, sagte der 42-Jährige, der im April den Staffelstab vom langjährigen Vorstandschef Stefan Kölbl übernommen hatte. Im Kontext der Digitalisierung profitiert DEKRA von völlig neuen Sicherheitsanforderungen, die erfüllt werden müssen – etwa rund um Fragen der Cyber Security und der vernetzten Mobilität. Mit Investitionen in Höhe von mehr als 140 Mio. Euro hat DEKRA im Jahr 2021 die Voraussetzungen für weiteres Wachstum rund um die Digitalisierung geschaffen und die Internationalisierung beispielsweise in der Region Asien-Pazifik (APAC) vorangetrieben.
Der neue DEKRA Vorstandschef machte vor Journalisten in Stuttgart deutlich, dass sich das Bedürfnis nach Sicherheit weltweit rasant verändert. Ursächlich hierfür sind unter anderem die zunehmende Vernetzung von Produkten und Systemen und der Klimawandel. Während sich DEKRA weiterhin intensiv um alle Aspekte der Sicherheit (Safety) der Menschen kümmern wird, steht gleichzeitig auch die digitale Sicherheit persönlicher Daten und vernetzter Systeme (Security) ganz oben auf der Agenda. „Wir haben unsere strategische Positionierung geschärft und unsere Strategie 2025 um digitale Sicherheit und Nachhaltigkeit ergänzt“, sagte Stan Zurkiewicz. „Beides ist nun Teil unserer DNA.“ Dies spiegelt sich auch im strategischen Ziel wider, dass DEKRA bis 2025 CO2 -neutral sein will.
Mit der Weiterentwicklung der Strategie 2025 waren im vergangenen Jahr strategische Weichenstellungen verbunden. DEKRA konzentriert sich künftig auf fünf Fokusbereiche, die für bedeutende Wachstumsfelder stehen: „Künstliche Intelligenz & Datenanalyse“, „Fahrzeuge und Mobilität in der Zukunft“, „Remote Dienstleistungen“, „Informations- und Cybersicherheit“ und „Nachhaltigkeitsdienstleistungen“. In diesen Fokusbereichen kommt das erweiterte Sicherheitsverständnis von DEKRA zum Ausdruck. Bereits kurz nach Start der von ihr gesteuerten Hubs Künstliche Intelligenz und Cyber Security erwirtschaftet die Innovationseinheit DEKRA DIGITAL mit insgesamt mehr als 100 Beschäftigten zweistellige Wachstumsraten. „Vor allem mit neuen digitalen Services und einer ausgeprägten Kundenzentrierung werden wir alle Wachstumschancen nutzen“, erklärte der neue DEKRA CEO. „Dadurch werden wir bis zum 100. Gründungsjubiläum im Jahr 2025 zum globalen Partner für eine sichere und nachhaltige Welt.“
„Unsere Ziele verfolgen wir aus einer Position der Stärke heraus. So ist im Jahr 2021 das Eigenkapital auf 33,5 Prozent bzw. auf fast eine Milliarde Euro gestiegen“, sagte Finanzvorstand Wolfgang Linsenmaier. Mit 17,8 Prozent auf 221,2 Mio. Euro war das Umsatzwachstum in der Region Asien-Pazifik (APAC) besonders stark. Auch die Region Deutschland legte deutlich zu. Der Umsatz stieg um 11,2 Prozent auf 2.145,7 Mio. Euro. „Deutschland ist und bleibt der größte und wichtigste Markt für DEKRA“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Stan Zurkiewicz.
Die positive Entwicklung im abgelaufenen Geschäftsjahr zeigt sich auch beim Blick in die einzelnen Geschäftsbereiche. Nach der Krise in Folge der Corona-Pandemie vollzog die Zeitarbeit mit einem Plus von 43,2 Prozent auf 438,5 Mio. Euro den größten prozentualen Umsatzsprung. Krisenfest zeigte sich unter anderem der Geschäftsbereich Fahrzeugprüfungen (Vehicle Inspection): Der Umsatz wuchs hier um 7,6 Prozent auf 1.217,7 Mio. Euro. Zugleich wurde mit rund 28 Millionen geprüften Fahrzeugen in 23 Ländern ein neuer Rekord erzielt. Zurkiewicz: „Wir sind bereits Weltmarktführer, bauen unsere Position aber systematisch weiter aus.“ Bis zum Jubiläumsjahr 2025 soll die Marke von 30 Millionen Prüfungen überschritten werden. Allein 2021 hat DEKRA seine Abgas- und Fahrzeugprüfungen in den drei weiteren Ländern Chile, Mexiko und Finnland eingeführt.
„Der Erfolg und die Akzeptanz der Digitalisierung hängen ganz wesentlich von sicherer Konnektivität ab“, sagte Ulrike Hetzel, Chief Technology Officer (CTO) im Vorstand von DEKRA. Die Expertenorganisation setzt bei der Entwicklung entsprechender Lösungen auf die drei Säulen der Cybersicherheit: Menschen, Produkte und Prozesse. So hilft DEKRA seinen Kunden, widerstandsfähiger gegen interne und externe Angriffe zu werden. Für ein sicheres Internet der Dinge (IoT) sorgt DEKRA beispielsweise mit Tests und Zertifikaten nach der neuen Europäischen Norm EN 303 645 – der Grundlage für Cyber Security im Smart Home. Im vergangenen Jahr hat DEKRA das erste Zertifikat dieser Art an einen Hausgerätehersteller in China vergeben. Im Markt für Lösungen rund um Cybersicherheit erwartet DEKRA bis 2025 ein jährliches Wachstum von rund 40 Prozent.
Im Zukunftsfeld der „Automotive Cyber Security“ erhielt DEKRA 2021 durch das Kraftfahrtbundesamt den Status eines Typprüfers für neue internationale Regularien zu Cyber Security und Software Updates. Nach den Vorschriften UNECE R155 und R156 – ein Goldstandard für die Autobranche – müssen Hersteller über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeugs entsprechende Managementsysteme nachweisen und alle drei Jahre überprüfen lassen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das DEKRA Technology Center in Klettwitz. Dort plant DEKRA 2022 den Ausbau von Teststrecken für automatisiertes und vernetztes Fahren mit Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe. Eine Reihe führender Fahrzeughersteller setzen auf die Cyber-Security-Dienstleistungen von DEKRA. In den nächsten Jahren rechnet DEKRA in diesem Geschäftsfeld mit starkem Wachstum, so dass bis 2025 ein höherer zweistelliger Millionenumsatz erwartet wird.
Im Hinblick auf die industrielle Cyber Security, beispielsweise auf dem Gebiet der kritischen Infrastrukturen, war die Zulassung nach dem industriellen Cyber-Security-Standard IEC 62443 im Wachstumsmarkt China ein wichtiger Erfolg. Im Industrieumfeld stellen sich Sicherheitsfragen rund um die Steuerung und die digitale Überwachung Maschinen und Anlagen. Die Bedeutung von Online-Monitoring-Services, Remote Assisted Inspections sowie Remote Inspections mit ferngesteuerten Robotern und Drohnen wächst weltweit. Remote Inspections sind etwa an gefährlichen oder schwer zugänglichen Stellen im Produktionsprozess wichtig. Im Jahr 2021 erhielt DEKRA von einem der weltweit größten Chemieunternehmen einen Auftrag in Millionenhöhe über Remote Inspections mit Robotern.
Vertrauen in die Sicherheit spielt beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) eine entscheidende Rolle. „Die KI entwickelt sich rasant und unser Ziel ist es, als neutraler Dritter das KI-Ökosystem der Zukunft mitzugestalten“, sagte Ulrike Hetzel. So bringt sich DEKRA etwa bei der Umsetzung gesetzlicher Vorschriften in technische Standards und Normen ein. Im Jahr 2021 hat sich DEKRA außerdem an Spearhead beteiligt: Die Schweizer Firma unterstützt Kfz-Versicherer und Flottenbetreiber mit Hilfe von KI bei der Digitalisierung der Prozesse rund um die Erfassung und Regulierung von Schäden. DEKRA geht davon aus, dass der Markt für die digitale Schadenabwicklung schnell wächst und entsprechende Lösungen schon 2025 in deutlich über 50 Prozent der Schadenfälle eingesetzt werden.
Im Wachstumsfeld der Nachhaltigkeit sieht DEKRA Potenzial rund um ganzheitliche Lösungen zur Bewältigung der Energiewende, für Umwelt- und Sozialstandards (ESG) sowie Kreislaufwirtschaft. Hierzu gehören beispielsweise Dienstleistungen zur Analyse und Reduzierung des CO2-Fußabdrucks von Unternehmen oder ihrer Produkte. So wurde 2021 der Lenovo CO2-Offset-Service für Kunden geprüft. Seitdem hat DEKRA weitere Carbon Footprint-Projekte gewonnen. Ähnlich vielsprechend sind die Märkte rund um Nachhaltigkeitsaudits, Nachhaltigkeitsmanagementsysteme und Produktprüfungen nach neuesten Umweltstandards.
Seine Marktstellung im Bereich der Elektromobilität hat DEKRA durch mehrere neue Dienstleistungen weiter gestärkt. Der neue Batterie-Schnelltest beispielsweise ist patentiert und von der RWTH Aachen sowie durch Tests mit Fahrzeugherstellern validiert. Damit lässt sich der Zustand von Antriebsbatterien schnell und zuverlässig erfassen. Mit der Lösung kann DEKRA die Schlüsselfrage rund um gebrauchte Elektrofahrzeuge beantworten: In welchem Alterungszustand befindet sich die Antriebsbatterie bzw. wie viel Restkapazität ist noch verfügbar? Diese Frage ist für die Wertermittlung bei gebrauchten Elektrofahrzeugen entscheidend. Zunächst richtet sich der Service an Großkunden wie Leasinggesellschaften, die Elektrofahrzeug-Rückläufer weiter vermarkten, oder an Autohaus-Ketten, die mit gebrauchten E-Fahrzeugen handeln.
Einen weiteren Erfolg konnte DEKRA in Kalifornien erzielen, dem globalen Vorreitermarkt für die Mobilität von morgen: Die Expertenorganisation erhielt von der California Energy Commission den Auftrag, ein sogenanntes Vehicle-Grid Innovation Laboratory aufzubauen. „Das Labor wird die Interoperabilität der Ladeinfrastruktur verbessern und dazu beitragen, sichere Vehicle-to-Grid-Lösungen einzuführen“, berichtete CTO Ulrike Hetzel. Das Labor in der San Francisco Bay Area wird eine Art Zwilling des hochmodernen DEKRA Labors in Arnheim, Niederlande, sein. Es wird im Sommer 2022 den Betrieb aufnehmen.
Neben der Elektromobilität ist DEKRA ein wichtiger Player in der Prüfung von Produkten der Solarindustrie insbesondere in China. Zudem unterstützt die Expertenorganisation als Mitglied von Hydrogen Europe den sicheren Einsatz von klimafreundlichen Wasserstofftechnologien, und sie fördert mit der Vergabe des neuen Zero-Waste-Siegels eine nachhaltige Abfallwirtschaft. Angesichts seiner guten Marktposition und der sich weltweit intensivierenden Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung von Produkten, Industrien, Kommunen und anderen Bereichen erwartet DEKRA eine starke Nachfrage nach Nachhaltigkeitsdienstleistungen mit jährlich zweistelligen Wachstumsraten.
Auch in eigener Sache ist DEKRA erfolgreich nachhaltig unterwegs: So hat im April 2022 EcoVadis – der international führende Standard für Nachhaltigkeit in globalen Wertschöpfungsketten – das TIC-Unternehmen (Testing, Inspection, Certification) zum zweiten Mal in Folge mit Platinum ausgezeichnet. Damit sichert sich die weltweit größte nicht börsennotierte Expertenorganisation auch weiterhin einen Platz unter den Top-1-Prozent der bewerteten Unternehmen vergleichbarer Kategorie. EcoVadis beurteilt dabei in den Kategorien Umwelt, Arbeits- & Menschenrechte, Ethik sowie nachhaltige Beschaffung.
DEKRA ist gut ins Jahr 2022 gestartet: Im ersten Quartal lag der Umsatz um fast zehn Prozent über dem Vorjahr. „Der verheerende Krieg in der Ukraine wird es uns schwer machen, diese Dynamik beizubehalten“, sagte Stan Zurkiewicz. Das Wachstum in Deutschland, Europa und der Welt wird nach Einschätzung des DEKRA Vorstandsvorsitzenden schrumpfen, da viele Branchen mit Unterbrechungen in ihren Lieferketten und einer Verknappung von Rohstoffen und Vorprodukten konfrontiert sind. Darüber hinaus rechnet er damit, dass die hohen Energiepreise die Inflation weiter anheizen. Trotz dieser Unsicherheiten plant DEKRA für 2022 ein ambitioniertes Wachstum von rund fünf Prozent. So rechnet DEKRA mit zunehmenden Investitionen in die Cybersicherheit, zum Beispiel in der Automobilindustrie.